Brief unseres Pfarrers zur Corona-Situation
Wien, am 21. November 2020
Liebe LeserInnen,
wenn Sie diese Zeilen lesen, dann hoffe ich, dass es Ihnen gut geht. Für mich ist ein neuer Tag angebrochen; das Licht hat die Dunkelheit der Nacht vertrieben und die Vögel zwitschern wieder. Ich atme tief ein und danke Gott, dass ich noch einmal das Tageslicht erleben darf. Das ist nicht selbstverständlich, obwohl wir es als selbstverständlich ansehen.
Nun, seit März 2020 redet man viel, u.a. von den Einschränkungen wegen der Corona Pandemie. Unzählige Male wird aufgezählt, was man alles nicht darf, um dann über die neuentstandene Lebenssituation zu jammern. Viele weisen darauf hin, dass man sich in dieser Zeit auf das Wesentliche konzentrieren soll. Ich persönlich versuche darüber nachzudenken, was ich noch immer machen kann und darf. Und das ist unglaublich viel! Die unerschöpflichen Möglichkeiten sind da.
Das Verbot, keine öffentlichen Gottesdienste halten zu dürfen, hat mich als Menschen und Priester erneut tief getroffen. Gott gemeinsam mit den Menschen in der heiligen Eucharistie zu begegnen, ist die größte Freude eines Priesters. Zurzeit ist das nicht möglich. Was aber möglich ist, ist jeden Tag die Vorfreude auf ein Wiedersehen in den gemeinsamen Gottesdiensten zu leben. Bei mir ist das mit einem tiefen Vertrauen auf Gott verbunden. ER hilft mir besonders in diesen Tagen das Bestmögliche aus dem Alltag herauszuholen. ER öffnet mir von Neuem die Augen für das Wunderbare in dieser Welt, das ich so lange „vernachlässigt“ habe.
In den letzten Monaten konnte ich entdecken, dass wir nicht nur mit der Natur behutsam umgehen müssen, sondern auch mit der Technik. Sie beide haben uns so ein wunderbares Leben ermöglicht. Wir dürfen vor oder nach der Arbeit in der Natur aufatmen. Wir können das Leben immer wieder in aller Frische genießen. Die Technik ermöglicht eine Weiterentwicklung der Menschheit. Ich hoffe zugunsten der Menschen und der Nachhaltigkeit der Natur. In dieser Zeit spüre ich viel intensiver, dass die Natur und die Technik Hand in Hand mit uns gehen. Und das ist durch die Gottesvorsehung in der Menschheit entstanden.
Also, ich werde nicht jammern über das, was ich nicht kann oder darf. Mit großem Vertrauen auf Gott, getragen von der wunderschönen Natur und unterstützt durch die Möglichkeiten der Technik lebe ich nach wie vor zuversichtlich meinen Alltag. Ich bin überzeugt, dass Gott uns nahe ist, besonders dann, wenn es „schwierig“ wird: Wenn Krankheit oder Ungewissheit, Schmerzen oder Plage, Mutlosigkeit oder Verzweiflung, Arbeitslosigkeit oder Armut plötzlich auftreten. Ja, selbst wenn der Tod gewaltig in unser Leben einbricht, mein Glaube sagt mir: Gott ist für dich da. Mit ihm kann ich alle Herausforderungen meistern. Deshalb möchte ich Ihnen viel Zuversicht im Leben, gute Gesundheit und Gottes Segen wünschen.
Ihr Pfarrer Dr. Z. Brezovski
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